Montag, 17. November 2014

Nervensäge

Man kann richtig was erleben, wenn man ein neues Haus einrichtet.

Herr Hütchen und ich haben sämtliche Küchenbauer der näheren und ferneren Umgebung aufgesucht.
Ich tat mich  unheimlich schwer.
Bei der letzten Küche ging es superschnell.
Rein in Laden, Fronten ausgesucht, fertig.
Also fast.

Die neue Küche ist aber größer als 9 qm.
Da muss ich ja mehr aussuchen.
Und außerdem werde ich nicht jünger und brauche das eine und das andere Gerät in einer rückenfreundlichen Position.
Schränke dürfen nicht  mehr zum Reinkriechen sein.
Da komm ich nämlich nicht mehr unfallfrei raus.
Zudem wollte ich unbedingt glatte, pflegeleichte Oberflächen.
Ich bin es einfach leid, die Ecken mit einem Q-Tip zu putzen.
Hundert Kataloge haben wir eingesammelt.

Als ich mich endlich für einen Küchenbauer entschieden hatte, wurde auch sogleich ein Termin gemacht.
Schon für den nächsten Samstag.
Als wir ankamen, habe ich die Grundrisse auf den Tisch des Betreuers gelegt.
Der Herr Verkäufer war noch nicht zugegen.

In einem Sessel in der Nähe des Tisches saß eine kleine, asiatische Frau mit einem etwas mürrischen Gesicht.
Im Sessel daneben kauerte ein passender Mann.
Beide starrten mich vorwurfsvoll an.

Wie nun der Verkäufer freudig strahlend auf uns zu eilt und mir die Hand entgegen streckt, springt die Kleine auf und rast auf ihn zu.

" Herr Wurm! Ich habe da noch so viele Probleme mit der Küche!
Nichts passt.....", keift sie los.

Herr Wurm blickt entsetzt auf die Frau, fängt sich, packt sie am Arm und versucht sie ausser Hörweite zu zerren.

Ich höre sie noch: " Ich habe Ihnen dreißig Mails geschickt und Sie antworten gar nicht..."

Der passende Mann steht gemächlich auf und schleicht hinter den Beiden her.

Herr Hütchen und ich kucken uns an und überlegen kurz, ob wir wieder gehen.....
aber nö.... das scheint interessant zu werden.. das Gezeter ist nicht zu überhören.

Nach einiger Zeit kommt Herr Wurm zurück.
Sichtlich um Fassung bemüht, fragt er nach, ob wir etwas trinken möchten.

"Was für Probleme hat denn die Dame mit der hier erworbenen Küche?", fragt Herr Hütchen als ein Latte Macchiato vor ihm dampft.

"Das wollen Sie nicht wissen", seufzt Herr Wurm.

"Ach, doch, eigentlich schon....", grinse ich.

Sie hat die Firma mit Mails bombardiert, die Küche mehrfach abgeändert, sich nicht an Termine gehalten... ein Albtraum für jeden Vertriebler.

Ganz so leicht hatte er es mit mir auch nicht.
Ich möchte nämlich zwei verschiedene Griffe haben.
Knöpfe für die Schränke, Muschelgriffe für die Schübe.
Ein Ding der Unmöglichkeit.
Bei sowas geraten die schnell an ihre Grenzen.

Herr Hütchen wird nun das passende in Übersee bestellen.
Mein Fliesenschild muss auch weit reisen.
Das gibt es hier ebenfalls nicht...

Tage später ist Herr Hütchen bei Herrn Tapfer, unserem Ansprechpartner beim Bauträger.
Es gab noch Ergänzungen zum Vertrag, die in zweifacher Ausfertigung im Original vorgelegt werden müssen.

Wie die beiden so beieinander sitzen und sich unterhalten, kommt das Gespräch auf die Baustellenbesichtigungen.
Ich hatte ja schon gesagt, dass ich da täglich auflaufen und mich vom Fortschritt und so überzeugen werde. Über diese Drohung sprachen die Herren.

Herr Tapfer verzieht das Gesicht und sagt:
" Hören Sie mir bloß auf. Wir haben gerade ein Haus fertiggestellt, dass mich den letzten Nerv gekostet hat..... jeden Tag war die Bauherrin da und hat alles mögliche geändert, die Arbeiter beschimpft.... die wollten schon nicht mehr wieder kommen.... täglich fünf Mails - ich war völlig fertig....", klagt er.

Herr Hütchen schaut Herrn Tapfer an.
" Lassen Sie mich raten... eine Asiatin?"

Herrn Tapfer entgleiten die Gesichtszüge.
"Woher wissen Sie das?"

"Die kenne ich.", antwortet Herr Hütchen trocken.

Muhahahahaha!
Hamburg ist ein Dorf.

Habt eine schöne Woche,
vany

6 Kommentare:

  1. Das scheint eine spannende Geschichte zu werden!!!! Haha... Wir konnten uns da voll auf unseren Bauträger verlassen - haben aber natürlich auch immer wieder geguckt! Allerdings, wenn die Arbeiter weg waren!
    Gute Nerven und viel Spaß beim Küche aussuchen... wünscht Dir
    Margit

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  2. Haahaaa, wie geil! :D Die armen Verkäufer, echt. Zumal die ja immmmmmmer irgendwie freundlich bleiben müssen.

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  3. Oh Vany... schnauf... ich hab hier grad ´nen Lachflash... Pruuuust!! entgleiten die Gesichtszüge... ich sehs vor mir. Der arme Kerl! Ich hoffe, du schonst ihn ein bisschen ;) Nur den Inschenören, denen darfst du die Baupeitsche geben, grins.
    Herzliche Grüße
    Dani

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  4. mal wieder sehr köstlich deine Erlebnisse aus dem real life!!
    richtig göttlich, man kann es sich bestens vorstellen. keiner Tipp noch: eine Spülmaschine in höherer Höhe ist Gold wert.
    Ich räume im Stehen ein!
    Das Gebücke da nach unten mit schmutzigem Geschirr ist so demütigend und ich bereue es nicht, auf ein bisschen Arbeitsplatte verzichtet zu haben, dafür tun mir die Bandscheiben nicht mehr weh beim Einräumen!
    Überleg es mal, es wird Herrn Tapfer nicht gleich umbringen, hihihi
    liebe Grüße und guten Mut, cornelia

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  5. Der arme Herr Wurm - irgendwie fühle ich mit ihm. Auch wenn ich keine Küchen verkaufe (zum Glück)...kampfbereite Asiatinnen sind mir noch nicht untergekommen, dafür haufenweise nörgelige Osteuropäer *umkipp* auch hier kann ich aus meinem mittlererweile reichen Erfahrungsschatz nur dazu raten doch mal ab und an vorbei zu schauen, wenn noch Bauarbeiter da sind und mal zu schauen, was die so machen *hüstel*

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  6. Ach Vany, habe eben einen ellenlangen Kommentar übers I-Pad gesendet, da sagt Blogger: leider trat ein Problem auf.
    Nochmal schaff ich nicht.
    Allerdickste Grüße noch HH
    Deine Miri-Maus

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