Gestern fand ich einen Zettel in unserem Briefkasten.
Ich glaube, da brauch ich mal fachmännischen Rat von Leuten mit Nachbarn.
30.04.20015
Sehr geehrte neu dazugezogene Familie!
Wir möchten Sie höflichst bitten um mehr Rücksichtnahme auf andere Nachbarn, die auch ihre Miete bezahlen. Vermeidbare Lärmbelästigung. Wir wohnen hier 31 Jahre und sie Sie werden auch uns hören. Es ist ein Altbau und sehr hellhörig ohne Schalldämmung. Man muss nicht ständig Möbelrücken oder laut durch das Haus trampeln
Dies ist eine höfliche Bitte um einen friedliches Miteinander zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Also... so richtig höflich finde ich das nicht.
Erst werde ich darauf hingewiesen, dass ich nach einem halben Jahr noch neu bin, dabei sind hier zwischenzeitlich noch mehr Leute eingezogen.
Meinen Namen konnte sich der Schreiber/die Schreiberin vom Klingelschild oder Briefkasten bis zur Wohnung nicht merken.
Das ist eine Leistung, denn der ist im RL noch einfacher als "Hütchen".
Der Zettel trägt keine Unterschrift und die Wortwahl läßt darauf schliessen, dass das Schreiben in einer nicht höflichen Stimmung verfaßt wurde.
Ich weiß nun auch nicht wirklich, was mit den
"Möbelrücken" gemeint ist.... die Rücken meiner Möbel sehe ich nicht - erst wieder, wenn die Möbelpacker kommen....
Aber gut, wahrscheinlich soll angedeutet werden, dass wir laufend die
Möbel rücken.
Soviel Platz haben wir hier beim besten Willen nicht.
Die Möbel müssen genau da stehen bleiben, wo die Umzugsherren sie hingestellt haben.
Richtig verwirrt war ich, als ich las, wir würden ständig durchs Haus "trampeln".
Wir sind zu viert und verlassen jeder einmal am Tag das Haus, um zur Schule oder zur Uni oder zur Arbeit zu kommen. Die Uhrzeiten variieren. Natürlich.
Und dann kommen wir alle wieder nach Hause - in der Regel einmal am Tag zu unterschiedlichen Zeiten.
Zur Wohnung müssen wir schon noch hoch.
Da haben wir unsere Kleidung, was zum Essen und zum Trinken und das Klo.
Was soll der Hinweis mit den 31 Jahren?
Um Himmels Willen - so lange will ich gar nicht bleiben.
"Vermeidbare Lärmbelästigung" hätte doch die Überschrift sein müssen und nicht das Jahr 20015, das ich wohl nicht mehr erleben werde.
Was soll das?
Wir sitzen im dritten Stock und müssen an
allen vorbei!
Ich könnte doch mit jemandem reden, der uns einen Hinweis gibt, zu welcher Uhrzeit wir besonders rücksichtsvoll sein sollten, wenn ich wüßte, wer das geschrieben hat.
Vielleicht hat jemand Schichtdienst und liegt gerade im Bett, wenn Fröhlich um sieben Uhr heruntergeht.
Oder ist gerade eingeschlafen, wenn ich um kurz vor neun das Haus verlasse.
Wir wollen gar nicht die bösen Nachbarn sein... obwohl... jetzt habe ich da irgendwie richtig Bock drauf.
Dreieinhalb Erwachsene... wir könnten viel schlimmer, wenn wir wollten.... hehehehehe...
Ich hoffe ja, dass die Frau, die mit ihrem Fahrrad - wir nennen es mittlerweile Lutz - im Erdgeschoß wohnt, dieses Schreiben aufgesetzt hat.
Ich werde alle Nachbarn einladen, sich davon zu überzeugen, dass hier nicht die Möbelrücken in die Räume kucken und wir deshalb auch nicht gezwungen sind, die Möbel zu verrücken, wenn wir eine Schublade öffnen wollen.
Mal sehen, ob sie kommt.
Lutz muss sie aber unten lassen.
Da bleibe ich hart.
.............
Nach solchen Geschichten sind wir natürlich froh, dass es hier schnell weitergeht:
Bautag 1
Das ist unser Hauseingang, links gehts zur Küche, rechts ins Gästeklo und zur Treppe.
Ja, ich weiß.... da braucht man noch viel Phantasie.....
Bautag 2
Jetzt sieht es aber nach Eingang aus, oder?
Das Küchenfenster (links) ist erkennbar.
Hach!
Und das ist mein Haus aus dem Garten heraus fotografiert.
Ich glaube, wenn es steht habe ich 2 Millionen Fotos gemacht....
Und jetzt kuckt Ihr aus dem Küchenfenster zur Strasse und könnt im Hintergrund die Jolle sehen!
Da ich in der Übergangsbehausung mit "Mamas Zimmer", wie die Prinzen und der liebende Gatte die Küche nennen, ausgesprochen unglücklich bin, muss ich so viele Bilder von der Entstehung des neuen Zimmers machen.
"..grrr.... diese Küche ist wie ein Käfig in einer Legebatterie!", mosere ich die Tage herum, als ich versuche ein Abendessen zu richten.
"Ja, Süße, eine artgerechte Haltung ist das nicht...", antwortet Herr Hütchen mit treusorgendem Blick.
"... aber ich bau Dir ja gerade ein Gehege für ein freilaufendes Huhn..."
Ich sollte mir doch überlegen, was ich sage.....
Gestern sind Fröhlich und ich zum Fechten per Bus gefahren.
Damit er weiß, wie er dahin kommt und wo er aussteigen muss, habe ich ihn begleitet.
Aber nur bis zur Sporthalle, da haben ihn dann gleich die anderen Fechter in Beschlag genommen.
Ich also zurück zur Bushaltestelle, um wieder nach Hause zu kommen.
Wie ich in den Bus einsteige, strahlt mich der Busfahrer an.
"Hallo! Wie gehts Dir?", schmettert er mir entgegen.
hä?
Ich kenn den gar nicht....
"Danke, alles gut....", antworte ich verwirrt....
Ich habe mich während der Fahrt eingehend mit dem Handy beschäftigt.
Das war mir doch ein wenig unangenehm.
Kurz bevor das Fechten zu Ende war, sind Herr Hütchen und ich zur Baustelle gefahren, damit ich für Euch noch ein, zwei Bilder machen kann.
Ich steh also knipsender Weise in meinem neuen Vorgarten als ein Bus an der Haltestelle vor meinem Vorgarten hält.
Automatisch drehe ich mich um und der Busfahrer strahlt mich wieder an und winkt wie wild.
Selbstverständlich habe ich ebenso strahlend zurück gewunken!
Was hat der sich gefreut.
Ich fand das richtig nett.
Herr Hütchen blickt von seiner winkenden Frau zum winkenden Busfahrer....
"Sag mal, Süße, " fragt er vorsichtig, " Wie oft bis Du denn schon mit dem Bus gefahren?"
"Einmal," antworte ich und winke nochmal zum Abschied als er langsam am Grundstück vorbei fährt.
"Aha...."
Ich glaube, er glaubt mir nicht und hat den Verdacht, dass ich schon hundertmal mit dem Bus zum Nachtigallenlied gefahren bin, damit ich alle Busfahrer der Strecke kenne und ihnen morgens aus meinem
Ein-Huhn-Gehege-Fenster zu winken kann.
Habt einen schönen Feiertag und lasst es euch gut gehen,
vany